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EDITORIAL

Der Mensch schuldet dem
Kind das Beste, was er zu geben hat«, so die UNO-Deklaration
zum Schutz des Kindes.
Durchschnittlich rund eineinhalb Stunden sehen Kinder in Deutschland
täglich fern - ein nicht zu unterschätzender Teil
ihrer Freizeit. Insbesondere wenn sie selbst wählen können,
sehen sie das Programm, das speziell für
sie gemacht ist: Kinderfernsehen. Und genau hier - ohne zu
pathetisch werden zu wollen - schulden wir Kindern das beste
Programm, das wir ihnen anbieten können.
Denn wenn sie schon fernsehen, dann sollten wir ihnen auch
ein Programm zur Verfügung stellen, das ihre Themen und
Fragen aufgreift, das sie begeistert und sie in ihrer Lebensbewältigung
positiv unterstützt. Mit anderen Worten: Qualitätsprogramm.
So weit lässt sich schnell Konsens herstellen, doch was
heißt das konkret?
Was ist Qualität im Kinderfernsehen?
Dieser Frage widmet sich diese Jubiläumsausgabe der »TelevIZIon«,
angesichts des Anlasses und der Komplexität des Themas
in doppelter Länge.
Programmverantwortliche legen hierzu ihre Qualitätskriterien
dar und verdeutlichen sie an konkreten Sendungen.
Ausgewählte Produzent*innen berichten im Interview von
ihrem jeweiligen Qualitätsverständnis und dem, was
sie für besonders wichtig halten. Aus wissenschaftlicher
Sicht wird grundsätzlich über das Thema Qualität
nachgedacht und die Kriterien von Machern und Kindern werden
untersucht. Schließlich kommt auch die Zielgruppe selber
zu Wort - in Ausschnitten aus Diskussionen in Kinderjurys.
Was dabei deutlich wird: Qualität wird immer aus einer
bestimmten Perspektive heraus definiert. Die Kriterien sind
weder allgemein gültig noch objektivierbar. Qualität
entsteht im Diskurs, in der Artikulation der eigenen Kriterien,
in der Wahrnehmung anderer Sichtweisen und nicht zuletzt in
der Auseinandersetzung mit der Perspektive der Kinder.
Maya Götz
PROGRAMM
Siegmund Grewenig
Qualität
fürs Kinderfernsehen
Wir brauchen gutes Kinderprogramm. Wer wollte dieser Aussage
nicht zustimmen? Aber was gutes Kinderfernsehen ist, darüber
scheiden sich die Geister. Eine Standortbestimmung au öffentlich-rechtlicher
Sicht.
Barbara Biermann
ZDF -
40 Jahre Wissen mit Spaß
Das Kinderfernsehen des ZDF kann auf eine erfolgreiche 40-jährige Geschichte zurückblicken. Die Programm-Marke tivi
setzt dabei auf eine klare dramaturgische Linie - mit Unterhaltung
und Information ohne Effekthascherei und Brutalität.
Frank Beckmann
KI.KA
- Kinderfernsehen mit Mehrwert
Verantwortungsvolles Fernsehen für Kinder zu machen ist
alles andere als leicht. Der KI.KA stellt sich dieser Aufgabe, was manchmal
auch heißt, gegen die Marktlogik zu handeln.
Claude Schmit
Super RTL
- gutes Kinderfernsehen macht Spaß
Um den hohen Qualitätsansprüchen von Kindern, Eltern
und Medienmachern an Kinderfernsehen gerecht zu werden, ist
ein beträchtlicher finanzieller Aufwand nötig. Als
Marktführer im Bereich Kinderfernsehen ist Super RTL
die Gratwanderung zwischen Ökonomie und Qualität
gelungen.
Markus Andorfer
NICK -
die Welt mit Kinderaugen sehen!
Der Sender NICK als Teil des Nickelodeon-Netzwerks ist zurück
in Deutschland . mit Angeboten,die unterhalten und fördern.
Die These: Gut gemachtes Kinderprogramm nutzt die Stärken
des Mediums Fernsehen und unterstützt beim spielerischen
Lernen.
Christophe Erbes
JETIX
dein Abenteuer beginnt
Qualitätssicherung bedeutet für JETIX, immer wieder
den Kontakt zur Zielgruppe herzustellen - sei es über
Events, interaktives Fernsehen, den Internetauftritt oder Marktforschung. Qualität heißt
bei JETIX aber auch, in der Lage zu sein, aus einem internationalen
Programm »die Schokolade im Marmorkuchen« auszuwählen.
Andreas M. Reinhard
Nicht
auf den Erfolgen ausruhen
Qualität im Kinderfernsehen als Teil des Vollprogramms
ist eine Herausforderung, die sich allein mit gekauften Trickserien
nicht bewältigen lassen wird. Das Bayerische Fernsehen
bietet stattdessen informative Realformate, die leichte,aber
auch komplexe Themengebiete beleuchten.
Kalle Fürst
Der nordische
Blick auf Qualität
Im Bereich des Kinderfernsehens geht Norwegen ganz eigene
Wege: Anstatt sich auf die Produkte der international operierenden
Kindersender zu verlassen, wird Wert auf eigene Produktionen gelegt. um
die nationale Identität der Kinder zu stärken und
um sie sprachlich und kulturell zu verwurzeln.
David W. Kleeman
Das »goldene
Zeitalter« des Kinderfernsehens?
Noch nie gab es so viele Fernsehsender in den USA wie heute.
Die Ausweitung des Kinderfernsehens ist weit fortgeschritten.
Ob dies eine Chance - sozusagen das »goldene Zeitalter« des
Kinderfernsehens - ist oder doch nur bloße Kommerzialisierung,
dazu wurden ausgewiesene Experten und Senderverantwortliche befragt.
Shalom M. Fisch
Mehr als
»Socken mit Augen«
Sendungen mit Puppen gehören seit langem zum Standardrepertoire der Produktionen für Kinder. Doch warum sind solche Sendungen etwas Besonderes, welchen Mehrwert bieten sie und welche Unterschiede
gibt es zu Serien mit »echten« Schauspielern?
Was ist nötig, damit eine Figur wirklich das transportiert,
was man mit ihr vermitteln will?
US-Spezialisten geben Auskunft.
FORSCHUNG
Christiane Hackl
Qualitätsverständnis
von Produzent*innen im Kinderfernsehbereich
Was verstehen Produzent*innen bei ihrer täglichen Arbeit
im Kinderfernsehen unter Qualität? In Experteninterviews
äußerten sich 25 Produzent*innen zu diesem Thema. Im Folgenden werden die
Expertengespräche wissenschaftlich ausgewertet und die
Ergebnisse dargestellt.1 Das Fazit: Inhalte, Themen und Geschichten,
die nah an den Kindern und von hoher handwerklicher Qualität
sind, sind die zentralen Kriterien für Produzent*innen.
Astrid Plenk
Die Perspektive
der Kinder auf Qualität für Film und Fernsehen
Meist setzen sich Erwachsene mit dem Thema Qualität im
Kinderfernsehen auseinander - anders in dieser Studie, in der die Diskussion
von Kindern über Qualität ausgewertet wurde.
Norbert Neuß
Ist gutes
Fernsehen ein Ergebnis des Produzenten oder des Zuschauers?
Qualität entsteht im Kopf des Zuschauers, in der Interaktion
von Sendung und Rezipient. Aus einer pädagogischen Perspektive
gilt es dabei, an die Entwicklungsthemen der Kinder anzuknüpfen
und kinderaffine Formen der Erzählung zu finden. Qualität
heißt hier, die Fähigkeiten und Themen der Kinder
auf das entsprechende Genre zu beziehen.
Lothar Mikos
Qualität
kommt nicht nur von Können
Die Qualität im Kinderfernsehen gibt es nicht.
Manche Sendungen erfüllen nur wenige Qualitätskriterien
und sind trotzdem erfolgreich - vielleicht weil sie gerade
besonders gut auf die Lebenssituation der Kinder passen. Qualität
hängt also nicht nur von der »Beschaffenheit«
eines Produkts ab, sondern auch von dessen »Güte« und »Wert«
und außerdem von der Frage, ob sich eine Sendung in
den Alltag der Zuschauer*innen einpasst.
Ben Bachmair
Qualität
des Kinderfernsehens in einer von Alltagsästhetik bestimmten
Kultur
Mit aktuellen gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen verändert
sich auch das Bewertungssystem für mediale Qualität.
Lebensstile und Milieus werden zum Bezugsrahmen für stiltypische
Qualitätsmaßstäbe.
Kersten Reich/Angelika Speck-Hamdan/Maya Götz
Qualitätskriterien
für Lernsendungen
Lernsendungen für Kinder sollten durch ihre Dramaturgie
ganz gezielt Lernräume öffnen. Qualität heißt hier,
immer wieder Einstiegspunkte in das Thema zu schaffen, vielfältige Wege und Zugänge
anzubieten, aber auch das »Lernen des Lernens« einzubeziehen.
Manfred L. Pirner
Qualitätskriterien
für »Religionssendungen« für Kinder
Religiöse Kompetenz, so ließe sich zusammenfassen,
sollte das Ziel von Religionssendungen für Kinder sein.
Neben zum Beispiel informativen,
diskursiven und orientierenden Qualitäten sollten Religionssendungen für Kinder Aspekte wie die Beheimatung in der eigenen
Kultur und die moralische Erschließung der Welt ermöglichen.
Anita Lakothia
Politische
Bildung im Kinderfernsehen ein indisch-deutscher Vergleich
Politische Bildung gehört in Deutschland zum selbstverständlichen
Teil des Fernsehangebots für Kinder. Das ist nicht überall
so, wie der deutsch-indische Vergleich zeigt.
Ingrid Paus-Hasebrink/Michelle Bichler
Kindheit
im Wandel Bleiben sozial schwache Kinder auf der Strecke?
Kindheit ist heute Medien- und Konsumkindheit. Haushalte aus
anregungsärmeren Milieus haben dabei eine höhere
Medienausstattung und intensivere Mediennutzung - was dies allerdings für
die Kinder und ihre Mediensozialisation im Einzelnen bedeutet,
ist wenig erforscht.
INSTITUTIONEN
Helga Theunert/Verena Weigand
Programmberatung
für Eltern: der FLIMMO
Qualitätsförderung bedeutet auch Beratung von Eltern
für mehr Medien-
und Erziehungskompetenz. Das Ziel des FLIMMO ist entsprechend die Beratung von Eltern mit Programmbewertungen und gut lesbaren
Artikeln, die zur Auseinandersetzung mit dem Fernsehumgang
von Kindern auffordern.
Wolf-Dieter Ring
Jugendschutz
und Programmqualität
Berührungspunkte zwischen Jugendschutz und Programmqualität
gibt es dort, wo ausgestrahlte Medieninhalte Gefährdungspotenzial
für Kinder und Jugendliche haben. Aktuelle Beispiele
sind Schönheits-OP- und Beratungsshows, Reality-Soaps,
aber auch filmisch wertvolle Krimireihen wie Tatort und Polizeiruf
110.
Klaus Schaefer
Der
FilmFernsehFonds Bayern und der Kinderfilm eine fruchtbare
Partnerschaft
Als Beispiel für einen wichtigen Förderer qualitativ
hochwertiger Kinderfilme muss auch der FilmFernsehFonds Bayern Qualitätskriterien ansetzen. Inhaltliche und künstlerische Bewertung des
Drehbuchs, Zielgruppenaffinität, pädagogische Botschaft und
nicht zuletzt die wirtschaftliche Qualität entscheiden,
ob ein Projekt gefördert wird.
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