Ausgabe: 13/2000/2 - TEXTAUSZUG:
Dr. Dietger Bansberg Von, mit und für Kids - "fabrixx" Der Drehort "Jugendzentrum in einer Fabrik" bietet Jugendlichen alles, was ihnen wichtig ist: Spiel-Höhle und Treffpunkt, aber auch Experimentierraum für Freundschaften, Feindschaften, Liebe, Flirt, Traum und Realität. Genau wie "Marienhof", "GZSZ" und selbstverständlich
"Schloss Einstein" basiert "fabrixx" auf dem Format der langlaufenden,
fiktionalen Serie, die
Wir wussten aus den Untersuchungen der Medienforschung, dass Kinder und Jugendliche sich von den Erwachsenenprodukten dieses Formats faszinieren lassen, ja dass diese zu ihren Lieblingssendungen gehören. ![]() Mit "Schloss Einstein" sind dann die Kinderprogramm-Macher der ARD, damals noch mit Gert Müntefering, in die Offensive gegangen und haben sich bewusst dieses Formats bedient bzw. haben es für ihr Interesse besetzt. Wir gingen dabei davon aus, dass die oben definierte Erzählform der Soap mit unserer Verantwortung den Kindern gegenüber zu vereinbaren ist, wenn man sie aus der Erwachsenenwelt herausnimmt und sie von der intensiven, aber nicht essentiellen Verbindung mit den Zielen und Inhalten der Werbung befreit. "Schloss Einstein" hat sich also bewusst von der Erwachsenenwelt abgewandt und sich mit seinen Inhalten und Darstellern direkt in der Welt der Kinder angesiedelt. Das Interesse der jungen Menschen an der langlaufenden Erzählform der Soap wurde erfolgreich genutzt und mit dem anderen und wichtigeren Interesse der Kinder und Jugendlichen verkoppelt: sich selbst und ihre Welt direkt dargestellt zu sehen. Diesen Weg auf die Kinder und Jugendlichen zu weiterzugehen, hat die ARD mit "fabrixx" beschlossen. Weiterzugehen heißt dabei allerdings nicht, bloß weitermachen wie bisher, oder gar noch einmal machen, sondern, aufbauend auf den Erfahrungen und diese nutzend, die Erzählhaltung zu variieren, Inhalte zu erweitern und immer wieder auch neue Gegenden und Inhalte zu erkunden. Man kann diese Absicht, die neue Serie komplementär zu "Schloss Einstein" zu entwickeln, schon beim Vergleich der Titel sehen. Ich habe zur Verdeutlichung noch einige Stichwörter dazugestellt:
Die Welt in "fabrixx" Bei dem Entschluss für die Ansiedlung im Internat hatte die Überlegung durchaus eine wichtige Rolle gespielt, dass eine Welt des Wohlstands und des Luxus auch für Kinder den Reiz haben könnte, den diese Welt für Erwachsene in unzähligen Serien und Reihen zu haben scheint. "fabrixx" zweigt von diesem Wege ab und sucht eine größere Nähe und einen direkteren Zugang zur Realität der Mehrheit der Kinder. Der erfundene Drehort, das großstädtische Jugendzentrum in der Fabrik, bietet uns dafür den zentralen authentischen Spiel-Raum. Seine konkrete Ausgestaltung, mit Netcage, Kuschelecke, Spielarealen und Cafeteria, mit Fabrikresten, Graffitis, bunten Stühlen, Pool- und Tischtennistischen und überhaupt mit dem ganzen Charakter des von Kindern täglich Angefassten und Gebrauchten, bestimmt das Bild, das Image von "fabrixx". Eine Mischung aus Spiel-Höhle und Meeting Place, in diesem von den Jugendlichen (mit)gestalteten, für jeden offenen Raum mit durchaus großstädtischer Anonymität, aber auch den Möglichkeiten von Intimität und Zuhause. Hier trifft sich die Clique, die mal lockere mal festere Gruppe von Freunden. Sie ist das zweite, das menschliche Zentrum der Serie. Ähnlich wie in der Realität ist sie für die Jugendlichen subjektiv wichtiger als Familie und gar Schule. In der Clique im "fabrixx" ist man weitgehend unter sich, hört seine Musik, kann spielen, surfen, tratschen, träumen, tanzen... Hierhin werden aber auch die Probleme und Erlebnisse der Außenwelt getragen. Schule und Familie spiegeln sich hier direkt in Gesprächen oder indirekt im Verhalten. Ängste und Freuden werden in der Clique verarbeitet. Hier ist Raum für all die "Experimente" dieser schwierigen, in und um sich ständig Neues erlebenden Altersgruppe - mit Freundschaften und Feindschaften, mit Liebe und Flirt, mit Träumen und Realitäten, mit Wünschen und gegenseitiger Verantwortung, Einsamkeiten und Geselligkeit. Handlungsmodelle für Jugendliche Wie alle genannten Serien wollen wir unser Publikum erstens und vor allem mit spannenden, witzigen, emotionalen Geschichten unterhalten. Wir setzen im "fabrixx" aber auf die möglichst authentische Darstellung einer Erlebniswelt mit Erzählungen, deren recherchierter Ausgangspunkt immer wieder die Realität ist. Ihre Weiterentwicklung findet statt im ständigen Gespräch mit unseren Protagonisten, mit Jugendlichen aus benachbarten Stuttgarter Jugendzentren und jetzt nach Sendungsstart auch zunehmend begleitet von der im Internet möglichen Rückkoppelung. Wir hoffen, so das Interesse der Jugendlichen zu erreichen und ihnen zugleich Handlungsmodelle vorzuspielen, die zur Identifizierung und Auseinandersetzung, zu Anwendung und Widerspruch reizen. ![]() Wer die Diskussion um die Wirkungsmöglichkeiten
von Fernsehen auf Jugendliche mit ihren ambivalenten Ergebnissen - etwa
aus der Auseinandersetzung um TV-Gewalt - kennt, wird nur vorsichtige
Erwartungen hegen. Das enthebt uns aber nicht der Notwendigkeit klarer
und verantwortbarer Ziele und erlaubt auch deutliche Hoffnungen. Das
heißt in unserem Fall, "fabrixx" soll die Jugendlichen unterhalten
und immer auch:
In der Überfülle mehr oder weniger zweifelhafter Handlungsmodelle, die den Kindern in allen Programmen und Genres auf Knopfdruck zur Verfügung stehen, wollen wir energisch gegenhalten und die Jugendlichen mit brauchbaren und anregenden Modellen faszinieren. Zusammen mit dem noch weiter auszugestaltenden Internetauftritt von "fabrixx" und den damit gegebenen neuen interaktiven Möglichkeiten, wie Diskussionsforen, Chats, Abstimmungen und Spielen sowie der thematischen Verlinkung zu anderen Sendungen und auch zu anderen Fachpages, werden wir einen für die Jugendlichen interessanten und ergiebigen Erlebnis- und Gesprächsbereich gestalten können. DER AUTOR INFORMATIONEN Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen IZI Tel.: 089 - 59 00 21 40 Fax.: 089 - 59 00 23 79 eMail: izi@brnet.de internet: www.izi.de COPYRIGHT Nachdruck oder Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers! |