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TELEVIZION 30/2017/1

NEUES LERNEN?


EDITORIAL
Mit dem zunehmenden Einzug von Lernplattformen, Social Software, Serious Games, MOOCs, POOCs etc. in die Bildung eröffnen sich neue Chancen. Es wäre möglich, von einer Bildung nach der Logik der Massenproduktion (Lernen 2.0) zum neuen Lernen 3.0 überzugehen, mit individualisierten Lernwegen, die mehr Verstehbarkeit, Kompetenzerleben und die Förderung von kritischer Urteilskraft ermöglichen (Burow). Ohne Frage würde dies die Rolle der Lehrenden grundlegend verändern, weg von WissensvermittlerInnen hin zu LernberaterInnen. Die Aufgabe der Medien wäre es, geeignete Lernumgebungen bereitzustellen, in denen Bildung stattfinden kann.
Inzwischen hat sich eine Vielzahl von Lernformen und -konzepten (vom Orde) entwickelt und in der Fülle der Angebote hat der Markt auch herausragende Bildungsangebote hervorgebracht (Baranowski).
Bisher, so zeigt der Forschungsstand, fördert die zunehmende Verwendung von digitalen Bildungsmedien jedoch primär überfachliche Kompetenzen wie eigenständiges und selbstgesteuertes Lernen, ermöglicht Kommunikation und Kooperation. Der inhaltliche Mehrwert ist derzeit empirisch wenig nachgewiesen. Parallel bestehen viele ungeklärte Fragen sowohl für die traditionellen Bildungsinstitutionen, z. B. wie sie Bildungsprozesse steuern und bewerten können, als auch für die Lernenden selbst. Bisher war die Mediennutzung tief in den Alltag eingebunden und übernahm dort diverse Funktionen, die nur selten im Kontext formaler Bildung standen (Wimmer).
Beispielsweise nutzen Kinder Tablets bislang vor allem zum Spielen und Surfen im Internet und um sich Filme anzuschauen (vom Orde). Hier gilt es, attraktive Angebote zu entwickeln, die didaktisch-methodisch gut konzipiert sind, an die Lebenswelt der Kinder anknüpfen, emotional involvieren und aktives Handeln auch jenseits des Tablets befördern (Mertes). Wahrscheinlich braucht es gerade für Jugendliche auch andere, authentischere Formen der Ansprache, wie sie bei YouTubern zu finden sind (Schuegraf/Wegener).
Rezeptionsstudien zum bildungsorientierten Fernsehen zeigen, dass Kinder und Jugendliche aus Wissenssendungen, z. B. zur ökologischen Nachhaltigkeit, Inhalte und die emotionale Bedeutsamkeit des Themas mitnehmen (Holler/Götz, Hachenberg). Einspielfilme des Internetangebots des Telekolleg ermöglichen, Fachwissen zu memorieren, und beweisen ihre Stärke vor allem da, wo sie Verstehbarkeit ermöglichen und Abstraktes in einen konkreten Kontext stellen (Götz et al.). Selbst aus Reality-Formaten wie Raus aus den Schulden können SchülerInnen Grundbegriffe ökonomischer Bildung lernen. Allerdings bleibt das Lernen auf Fachbegriffe begrenzt und eine Übertragung des Gelernten auf eine ähnliche Situation kann nicht geleistet werden (Schuhen). Um tiefere Erkenntnisse, Handlungsoptionen und eine Auseinandersetzung mit grundsätzlichen Einstellungen anzubahnen, braucht es vermutlich andere mediale Lernräume. Sie können auf dem neuesten technischen Stand in Virtual Reality stattfinden (Kleeman) oder sich in multimedial ausgebauten TV-Formaten wie Diktator (Sifvert) eröffnen. Das sind große Herausforderungen im Zuge der Mediatisierung, denen sich auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Erfüllung des Bildungsauftrags stellen muss (Reuß/Olbrich).

Dr. Maya Götz


FORSCHUNG

Olaf-Axel Burow
Neues Lernen?

Der Autor beschreibt, wie die positiven Leistungen informellen und systematischen Lernens mit neuen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters verbunden werden können, sodass Lernlust und Bildungsglück zur individuellen Potenzialentfaltung und zur Entwicklung von Zukunftslösungen beitragen.

Jeffrey Wimmer
Potenziale digitaler Bildungsmedien

Kathrin Mertes
»Aber wir müssen doch noch die Bienen retten!«

Martina Schuegraf/Claudia Wegener
Faszination YouTube
Die Autorinnen diskutieren, wie sich durch technische Entwicklungen und die vermehrte Nutzung von Videoplattformen wie YouTube durch Jugendliche die Perspektive von traditionellen Konzepten des institutionellen und curricularen Lernens hin zu interaktiven und partizipativen (Selbst-)Bildungsprozessen verschiebt.

Andrea Holler/Maya Götz
Wann Kinder vom Kinderfernsehen lernen

 

PROGRAMMFORSCHUNG

Michael Schuhen

Neues Lernen mithilfe des Help-Formates Raus aus den Schulden?

Lena Hachenberg
»Die Erde ist wie eine Schatztruhe, die wir plündern«

Maya Götz/Andrea Holler/ Marie-Therese Hohe/Tanja Petrich
»Hat aus langweiligem Inhalt was rausgeholt«

 

FORSCHUNGSDOKUMENTATION

Heike vom Orde

Lernen mit mobilen Medien in der Familie?
Der Artikel gibt eine zusammenfassende Übersicht ausgewählter Forschungsergebnisse zur lern- und bildungsbezogenen Nutzung mobiler Medien im familiären Kontext.

 

INFORMATION

Heike vom Orde

Glossar des digitalen Lernens

 

PROGRAMM

David Kleeman

Gedanken zu »Lernen und Virtual Reality«

Genia Baranowski
Individuell, flexibel, frei

Ami Malmros/Chie Wakabayashi/Masakazu Sato/Sinéad Rocks
Andere Länder, andere Wege?

Charlotte Sifvert
»In einer Diktatur kann niemand gewinnen«
Diktator ist ein innovatives Reality-Format aus Schweden, in dem junge Erwachsene für 8 Tage eine mögliche Diktatur erleben.

Monika Buscher
Die Bildungsplattform Planet Schule

Werner Reuß/Armin Olbrich
7 Thesen zum öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag heute

 


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