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EDITORIAL
Wohl kaum ein Thema hat unsere Gesellschaft seit 2015 so beschäftigt, mobilisiert, aber auch polarisiert wie die Ankunft von rund 900.000 Geflüchteten in Deutschland. Global betrachtet findet die »wahre Flüchtlingskrise « mit 65 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, zwar außerhalb Europas statt, dennoch avancierte »die Flüchtlingskrise« zum Topthema der Berichterstattung der letzten beiden Jahre. Das stellt MedienmacherInnen, PädagogInnen, aber auch Eltern vor eine besondere Herausforderung, denn Themen von dieser gesellschaftlichen Relevanz gehen an Kindern und Jugendlichen nicht spurlos vorbei.
Schon bei den 6-Jährigen hat fast jeder davon gehört bzw. etwas dazu gesehen. Denn fast alles, was Kinder und Jugendliche zu dem Thema wissen, ist medial vermittelt. Entsprechend nehmen sie Bilder mit, bauen sich mit der Berichterstattung und deren spezifischen Tendenzen (vom Orde, Drüeke/Klaus) ihre Vorstellung von der Situation und dem angemessenen Umgang mit dem Thema Geflüchtete. Insbesondere das Fernsehen, so zeigen repräsentative Studien, wurde zum Leitmedium und zur wichtigsten Informationsquelle. Dabei zeigt sich aber auch: Je nachdem, aus welcher Sendung Kinder und Jugendliche ihre Informationen gewannen, verfügen sie über mehr oder weniger Wissen und verbinden mehr oder weniger Ängste mit dem Thema (Götz/Holler).
Heranwachsende wollen Informationen und Hintergründe, sie wollen die Situation nachvollziehen und sich eine begründete Meinung bilden können. Und was sie sehen, bauen sie in ihr Weltbild ein (Holler).
Das öffentlich-rechtliche Kinderfernsehen hat in den letzten beiden Jahren diverse Sendungen zu dem Thema gesendet, die vor allem durch ihre fundierten Informationen und persönlichen Geschichten von Geflüchteten Informiertheit und Empathie für Flüchtlinge beförderten (Schneid sowie Interviews mit diversen Programmverantwortlichen). Mediale Bildungsangebote für Geflüchtete unterstützen diese beim Ankommen, auch wenn hier noch viele Optimierungschancen ungenutzt bleiben (Baumann-Gibbon).
Gleichzeitig zeigen sich Bereiche, die bisher selten explizit thematisiert wurden, wie die konkrete Erfahrung von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen (Götz/Baxter/Pütz), die Folgen und Behandlungsmöglichkeiten von Traumata (Klentzan) oder die Bedeutung von Gesetzesänderungen für die konkrete Situation von geflüchteten Kindern und Jugendlichen (Naber). Es gibt also noch diverse Bereiche, in denen Qualitätsmedien für junge Zielgruppen mit und ohne Fluchthintergrund einen wichtigen Beitrag leisten können, um gemeinsam mit Bildungseinrichtungen Wege für einen angemessenen, nachhaltigen Umgang mit aktuellen Herausforderungen zu finden. Ein friedliches Zusammenleben wird dabei nur gelingen, wenn wir über stereotype Bilder »des Anderen« hinausgehen (Engelbrecht/Götz), Herausforderungen aktiv angehen (Youkhana) und die Chancen erkennen, die sich für uns als Gesellschaft bieten (Jäger et al.). Denn letztendlich geht es um die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? (Schiffauer)
Dr. Maya Götz
FORSCHUNG
Maya Götz/Andrea Holler
Wie Kinder und Jugendliche das Thema Geflüchtete verstehen
Kinder und Jugendliche wurden zu ihrem Wissen, ihren Einstellungen, Ängsten und ihrer Mediennutzung beim Thema Geflüchtete befragt.
Andrea Holler
Geflüchtete im TV:
Wahrnehmung und Wünsche aus
Kinder- und Jugendsicht
Ricarda Drüeke/Elisabeth Klaus
»Wir« und die »Anderen«
Der Artikel fasst die Ergebnisse einer Bildanalyse der österreichischen Printberichterstattung über Flucht und Geflüchtete zusammen.
Konstantin Engelbrecht/Maya Götz
Woran erkennt man einen Flüchtling?
Maya Götz/Melanie Baxter/Anne Pütz
Angekommen in Deutschland?
Maya Götz
Ansatzpunkte für pädagogisches Handeln
Uli Jäger/Anne Kruck/Dagmar Nolden/Julia Oschinski/Nicole Rieber/Nadine Ritzi
Chancen nutzen, Kinder ernst nehmen
PROGRAMMFORSCHUNG
Kirsten Schneid
Geflüchtete im Kinderfernsehen
FORSCHUNGSDOKUMENTATION
Heike vom Orde
Flucht und Asyl in den Medien
INFORMATION
Heike vom Orde
Fakten und Zahlen zu Flucht und Asyl
Oliver Baumann-Gibbon
Digitale Bildungsangebote für das
Ankommen
INTERVIEW
Atran Youkhana
»Wir alle sind Menschen, die dieselben Bedürfnisse haben«
Adam Naber
Zur Lebenssituation (un-)begleiteter
minderjähriger Geflüchteter
Peter Klentzan
Traumatherapie mit geflüchteten Heranwachsenden
Anhand von Praxiserfahrungen aus der Traumatherapie mit geflüchteten Heranwachsenden werden die häufigsten Symptome und Therapieansätze vorgestellt.
Werner Schiffauer
»Die zentrale Frage ist doch:
Was wollen wir denn eigentlich
für eine Gesellschaft haben?«
PROGRAMM
Markus Mörchen
logo! und das Flüchtlingsthema
Christoph Biemann
Jenseits der anonymen Masse:
das Flüchtlingskind Tiba
Birgitta Kaßeckert
»Für uns war es wichtig, dahin zu gehen, wo die Kinder sind«
Margrit Lenssen
»Ohne Toleranz kann man nichts
Neues lernen«
Margrit Lenssen
Rollenmodelle für Empathie und Offenheit– Berlin und wir!
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