TelevIZIon
 
Artikel in TelevIZIon suchen

25_2012_1

>> Übersicht TelevIZIon

TELEVIZION 25/2012/1

Umgang mit Realität im Kinderfernsehen


EDITORIAL

Fernsehen bildet die Realität nie nur einfach ab – es konstruiert sie. Auch in non-fiktionalen Formaten zeigt die Kamera immer nur einen kleinen Teil des Ganzen, komponiert der Schnitt und kommentiert der Off-Text Zusammenhänge, die Medienschaffende als erzählenswert betrachten. Insbesondere im Fernsehen, das Kinder nutzen, ist eine Auseinandersetzung mit Qualitätsfragen von besonderer Bedeutung. Welche Realitäten werden abgebildet? Was sind attraktive Zugänge, die bewusst verantwortungsvoll mit Inhalten und ProtagonistInnen umgehen?
In aktuellen dokumentarischen Formaten lassen sich Ansätze identifizieren, die Kinder in den Mittelpunkt stellen, die Eigenständigkeit und Leistung von Jugendlichen betonen und sie verantwortungsvoll mit der Kamera bei neuen Herausforderungen begleiten. Im Idealfall ergänzen sich, wie im Beispiel von KlasseSegelAbenteuer, diese Ansätze mit redaktionell verantwortungsvollem Handeln.
In IZI-Rezeptionsstudien wurde den ZuschauerInnen und »Abgebildeten« gezielt Raum für Reflexion und Feedback an die Fernsehproduzierenden geboten. In dieser Triangulation von Redaktion, AkteurInnen und Rezeptionsseite zum Thema »Qualität bei dokumentarischen Formaten« werden dann Grunddilemmata deutlich, z. B. die Lust von älteren ZuschauerInnen und Jugendlichen, die ProtagonistInnen auch mal in peinlichen Situationen zu sehen, und die verständliche Sensibilität bei den Abgebildeten, die sich dagegen verwahren.
Formate wie Castingshows bedienen die Lust auf Skandale von ProtagonistInnen – schüren sie damit aber auch. Konzepte wie die sogenannte Scripted Reality, z. B. Familien im Brennpunkt, die nur ästhetisch an dokumentarische Formate erinnern, bedienen die Annahme, dass die Realität scheinbar nicht mehr spektakulär und dramatisch genug ist. Rezeptionsstudien zeigen jedoch, dass Kinder und jüngere Jugendliche den fiktionalen Charakter dieser Formate nicht erkennen.
Ein deutliches Zeichen für die Notwendigkeit, sich mit dem Umgang mit Realität im Kinderfernsehen bzw. kinderrelevantem Fernsehen intensiver auseinanderzusetzen.
Diese Ausgabe der TelevIZIon möchte hierzu einen Beitrag leisten.

Dr. Maya Götz


FORSCHUNG

Maya Götz
Kinder im Mittelpunkt von Dokumentationen
In IZI-Rezeptionsstudien wurde untersucht, wie das Interesse und die Aufmerksamkeit von Kindern bei Vorschuldokumentationen geweckt und aufrecht- erhalten werden können.

Lysann Windisch
Die Stimme aus dem Off
Off-Texte von dokumentarischen Formaten werden häufig als objektiver und neutraler Kommentar angesehen. In einer Analyse wurde anhand von 5 Beispielen untersucht, inwieweit diese Einschätzung der Realität und Qualität von Off-Texten in Kinderdokumentationsserien entspricht.

Maya Götz/Christine Bulla
»Mehr Knutscherei, mehr Emotionen« – aber nur für die Älteren
Eine IZI-Rezeptionsstudie untersuchte, was Pre-Teens und Jugendliche an der Dokumentation KlasseSegelAbenteuer ansprechend finden und welchen Themen und Inhalte sie sich verstärkt in der Sendung gewünscht hätten.

Ole Hofmann
KidsReport 2011
Der Artikel fasst die Ergebnisse des KidsReport 2011 zusammen, in dem das Angebot an Kinderfernsehen im deutschen Free-TV analysiert und die Nutzung des Kinderprogramms durch Kinder untersucht wird.

Ole Hofmann
Die dargestellte Realität des Kinderfernsehens
Ein IZI-Forschungsprojekt untersuchte die Hauptfiguren im deutschen Kinderfernsehen und stellte heraus, inwiefern das Kinderfernsehen die Lebensrealität von deutschen Kindern widerspiegelt.

Burkhard Fuhs/Dagmar Brandt
»Vielleicht mögt ihr mir ja zurückschreiben?«
Der Artikel fasst die Ergebnisse einer Studie zusammen, in der die Zuschauerpost an den Kindersender KiKA sowie der Umgang des Sender mit den Zuschriften untersucht wurde.

Margreth Lünenborg/Claudia Töpper
Das System Castingshow
In einer Studie untersuchten die Autorinnen, wie Provokationen und Skandalisierungen in Castingshows realisiert werden und wie Jugendliche und junge Erwachsene derartige Grenzverletzungen wahrnehmen und darauf reagieren.

Lothar Mikos
Das Spiel mit der Realität
Der Autor hinterfragt, ob im Fernsehen Realität überhaupt abbildbar ist und ob es sich bei den vermeintlichen Realitätsformaten wie Nachrichten oder Dokumentationen nicht auch nur um verschiedene Formen der Inszenierung von Realität handelt.

 

PROGRAMMFORSCHUNG

Gerlinde Schumacher
Die Mädchen-WG – unterhaltsam, heiter und informativ
Eine Studie untersuchte, wie die Serie Die Mädchen-WG bei Jungen und Mädchen ankommt und welche generellen Aspekte Daily-Dokus für Jugendliche interessant machen.

Dafna Lemish/Namrata Bansal
What turns me on: Chess

Christine Bulla/Werner Haußmann
Den Gefilmten eine Stimme geben
Der Artikel fasst die Ergebnisse eines Workshops zusammen, auf dem die ProtagonistInnen von KlasseSegelAbenteuer das Projekt reflektierten und To-dos für ProduzentInnen von Reality-Formaten formulierten.

Dafna Lemish/Namrata Bansal
Missiepoo16

M. Götz/C. Bulla/A. Holler/ S. Gruber/J.Schwarz
»Man sieht, wie es wirklich in anderen Familien zugeht«

Der Artikel stellt die Ergebnisse einer Studie vor, die den Fragen nachgeht, was Kinder an dem Scripted-Reality-Format Familien im Brennpunkt begeistert und wie sie die Sendung verstehen.

 

FORSCHUNGSDOKUMENTAION

Heike vom Orde
Kinder, Jugendliche und Reality-TV

Forschungsliteratur Kinder, Jugendliche und Reality-TV

 

INFORMATION

Y. Leifheit/A. Gerisch
Die KiKA-Zuschauerredaktion

Birgit Kinateder
Dokumentarische Formate

 

EXPERTiNNENINTERVIEW

Georg Bussek
»Am Schluss sollen sie Helden sein«

Birgitta Kaßeckert
»Die Grenzen haben die SchülerInnen gesetzt«

Damian Kavanagh
Echte Abenteuer erleben

Felix Wesseler
»Wir verbergen nicht, dass wir scripten«

M. Huff/A. Plenk/E. Radlicki
Qualität bei Doku-Formaten


Die Fachzeitschrift TELEVIZION kann kostenlos beim IZI bestellt werden.