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EDITORIAL
Jedes Kind ist einzigartig und wertvoll – unabhängig von
Körperbau, Hautpigmentierung, Augen- und Haarfarbe,
ob es ein Mädchen oder Junge ist, und welche Ressourcen
ihm die Eltern zur Verfügung stellen.
Doch spiegelt Kinderfernsehen dies wider? Repräsentiert
es die real vorkommende Vielfältigkeit von Kindern und
ihren Lebenswelten? Männliche Figuren spielen doppelt
so häufig die Hauptrolle wie weibliche, drei Viertel der
Figuren sind weiß, Migrationshintergrund, Behinderung
oder Armut werden so gut wie nicht thematisiert. Es gibt
sie, die Ausnahmen, z. B. Figuren mit Migrationshintergrund,
Behinderung oder homosexueller Orientierung.
Und so positiv es zu werten ist, dass es sie gibt, lohnt
sich hier der genaue Blick, wo Vielfältigkeit bei einer
sehr »oberflächlichen Diversität« stehen bleibt (Schlote/
Otremba). Unser Kinderfernsehen, wenn auch gerade im
internationalen Vergleich von hoher Qualität und Vielfältigkeit
was Formate angeht, steht in Sachen Diversität
von kulturellen Hintergründen, körperlicher Funktionsfähigkeit
oder sozialen Milieus weit hinter der Realität zurück.
Der Hintergrund ist gut nachzuvollziehen: Medien
werden von Menschen gemacht, und da Medienschaffende
meist der dominanten Gesellschaft angehören – selbst
wohlsituiert, ohne Migrationshintergrund und besonders
in Führungspositionen häufiger männlich –, bringen sie
diese Perspektive ein.
Was dies für die Kinder vor dem Fernseher bedeutet, ist
sicherlich komplex; die Aneignung von Fernsehinhalten
ist ausgesprochen vielfältig und in den Details oft ganz
anders als erwartet (Hains/Puritz Cook). Dennoch: Wenn
Mädchen aus China, Indien oder Fidschi sich selbst »zu
dunkelhäutig« oder nicht gut genug finden, um eine Prinzessin
sein zu können, dann bieten wir einigen Kindern
mehr Anknüpfungspunkte und Identitätsmaterial als anderen
(Nastasia/Uppal). Hier gilt es, Chancen wie Probleme
der Globalisierung zu erkennen (McMillin) und Möglichkeiten
der angemessenen Repräsentation und gezielten
Förderung zu finden (Holler/Schmidt). Anhand von Forschungsergebnissen
und Strategien von Fernsehverantwortlichen
weltweit bietet diese Ausgabe der TelevIZIon
Anregungen für mehr Diversität im Kinderfernsehen.
Dr. Maya Götz
FORSCHUNG
Divya C. McMillin
Medienglobalisierung und Diversität
Immer mehr Menschen auf der Welt haben Zugang zum Fernsehen. Der Bedarf nach neuen Unterhaltungssendungen hat zur Folge, dass erfolgreiche Sendungen kopiert werden, aber auch dass die Formatentwicklung voranschreitet.
Beschränkt die Globalisierung der Medien ihre Vielfalt?
Elke Schlote/Katrin Otremba
Kulturelle Vielfalt im Kinderfernsehen
Medienanalysen zum internationalen und deutschen Kinderfernsehen zeigen, dass es noch viel Raum für »diverse« Figuren und Geschichten gibt. Kinder erleben kulturelle Vielfalt in ihrem täglichen Leben – sie sollten die Möglichkeit haben, die lokale Diversität in ihrem Fernsehprogramm wiederzufinden.
Diana Nastasia/Charu Uppal
»Ich möchte so sein wie sie«
Mädchen auf der ganzen Welt kennen und mögen die Disney-Prinzessinnen. Diese qualitative Studie vergleicht, wie Mädchen aus 4 westlichen und nichtwestlichen Ländern Disneys neue »exotische«, »multikulturelle« Prinzessinnen wahrnehmen.
Rebecca C. Hains/Judi Puritz Cook
»Das mit Hannah Montana
ist vorbei«
Wie nutzen Mädchen mit Migrationshintergrund die Medienkultur, um ihre weibliche Identität auszuhandeln? Diese Studie berücksichtigt, wie multikulturelle Mädchen der Mittelschicht sich mit der US-Medienkultur auseinandersetzen.
Peter Lemish
Wie Kulturen mit Konflikten
umgehen
Konflikte entstehen auf allen Ebenen des sozialen Lebens, in allen Kulturen und werden auf verschiedene Weise bewältigt. Dieser Reichtum und die Authentizität im Management von Konflikten sollten ihren Platz in Fernsehsendungen aller Genres für Kinder wie für Erwachsene weltweit bekommen.
Sayed Ibadullah Rashdi u. a.
KinderarbeiterInnen und TV in Pakistan
In der pakistanischen Provinz Sindh wurden 300 KinderarbeiterInnen zu ihrer Fernsehnutzung befragt. Die meisten von ihnen gaben an, Satellitenfernsehen zu haben und an Arbeitstagen durchschnittlich 92 Minuten fernzusehen.
PROGRAMMFORSCHUNG
Andrea Holler/Julia Schmidt
»Wer steigt in die Rakete?«
Für diese IZI-Studie wurde ein Sprachtest mit Kindern, die Deutsch als Zweitsprache lernen, und einer Gruppe herkunftssprachlich deutscher Kinder durchgeführt. Es wurde untersucht, wie mit der Vorschulsendung JoNaLu Sprachkenntnisse gezielt gefördert werden.
Adelaida Trujillo/Katharina Albert
Genji
Shalom M. Fisch u. a.
Grenzen überwinden
Diese internationale Studie über das Multimediaprojekt Panwapa von Sesame Workshop wurde mit 4- bis 7-jährigen Kindern in den USA, China, Mexiko und Ägypten durchgeführt. Was lernen Kinder mit diesen Fernseh-, Print- und Onlinematerialien über eine weltoffene Einstellung im Sinne eines »global citizenship«?
Elke Schlote/Matthias Schreiner
Teenager, sexuelle Diversität und
Fernsehen
Auch die sexuelle Orientierung ist ein Aspekt menschlicher Diversität. Obgleich sexuelle Anziehung ein intimes Thema ist, sollte es doch im Fernsehen eine Rolle spielen. Wie Qualitätsprogramme des PRIX JEUNESSE INTERNATIONAL mit schwulen Protagonisten von Jugendlichen rezipiert werden, zeigt eine IZI-Studie.
Elke Schlote u. a.
Danny’s Parade
Maya Götz/Elke Schlote
Darstellung von Behinderung
im Kinderfernsehen
Viele Kinder und Jugendliche weltweit leben mit einer Behinderung oder chronischen Krankheit – doch im Kinderfernsehen weisen weniger als 1 % der fiktionalen Hauptfiguren eine Behinderung auf. Anhand von Programmbeispielen und Rezeptionseindrücken soll gezeigt werden, wie Qualitätfernsehen dieses Thema aufgreifen kann.
PROGRAMM
Anne Lassner
Die »Kinder der Welt« treffen
Interviews mit internationalen
Fernsehverantwortlichen
Diversität ins Kinderfernsehen
bringen
INFORMATION
Was ist Diversität/Diversity?
Ethnische Minderheiten und
Migration
Behinderungen weltweit
Die
Fachzeitschrift TELEVIZION kann kostenlos beim
IZI
bestellt werden.
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