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TELEVIZION 23/2010/2

Diversität im Kinderfernsehen


EDITORIAL

Jedes Kind ist einzigartig und wertvoll – unabhängig von Körperbau, Hautpigmentierung, Augen- und Haarfarbe, ob es ein Mädchen oder Junge ist, und welche Ressourcen ihm die Eltern zur Verfügung stellen. Doch spiegelt Kinderfernsehen dies wider? Repräsentiert es die real vorkommende Vielfältigkeit von Kindern und ihren Lebenswelten? Männliche Figuren spielen doppelt so häufig die Hauptrolle wie weibliche, drei Viertel der Figuren sind weiß, Migrationshintergrund, Behinderung oder Armut werden so gut wie nicht thematisiert. Es gibt sie, die Ausnahmen, z. B. Figuren mit Migrationshintergrund, Behinderung oder homosexueller Orientierung. Und so positiv es zu werten ist, dass es sie gibt, lohnt sich hier der genaue Blick, wo Vielfältigkeit bei einer sehr »oberflächlichen Diversität« stehen bleibt (Schlote/ Otremba). Unser Kinderfernsehen, wenn auch gerade im internationalen Vergleich von hoher Qualität und Vielfältigkeit was Formate angeht, steht in Sachen Diversität von kulturellen Hintergründen, körperlicher Funktionsfähigkeit oder sozialen Milieus weit hinter der Realität zurück. Der Hintergrund ist gut nachzuvollziehen: Medien werden von Menschen gemacht, und da Medienschaffende meist der dominanten Gesellschaft angehören – selbst wohlsituiert, ohne Migrationshintergrund und besonders in Führungspositionen häufiger männlich –, bringen sie diese Perspektive ein. Was dies für die Kinder vor dem Fernseher bedeutet, ist sicherlich komplex; die Aneignung von Fernsehinhalten ist ausgesprochen vielfältig und in den Details oft ganz anders als erwartet (Hains/Puritz Cook). Dennoch: Wenn Mädchen aus China, Indien oder Fidschi sich selbst »zu dunkelhäutig« oder nicht gut genug finden, um eine Prinzessin sein zu können, dann bieten wir einigen Kindern mehr Anknüpfungspunkte und Identitätsmaterial als anderen (Nastasia/Uppal). Hier gilt es, Chancen wie Probleme der Globalisierung zu erkennen (McMillin) und Möglichkeiten der angemessenen Repräsentation und gezielten Förderung zu finden (Holler/Schmidt). Anhand von Forschungsergebnissen und Strategien von Fernsehverantwortlichen weltweit bietet diese Ausgabe der TelevIZIon Anregungen für mehr Diversität im Kinderfernsehen.

Dr. Maya Götz


FORSCHUNG

Divya C. McMillin
Medienglobalisierung und Diversität
Immer mehr Menschen auf der Welt haben Zugang zum Fernsehen. Der Bedarf nach neuen Unterhaltungssendungen hat zur Folge, dass erfolgreiche Sendungen kopiert werden, aber auch dass die Formatentwicklung voranschreitet. Beschränkt die Globalisierung der Medien ihre Vielfalt?

Elke Schlote/Katrin Otremba
Kulturelle Vielfalt im Kinderfernsehen
Medienanalysen zum internationalen und deutschen Kinderfernsehen zeigen, dass es noch viel Raum für »diverse« Figuren und Geschichten gibt. Kinder erleben kulturelle Vielfalt in ihrem täglichen Leben – sie sollten die Möglichkeit haben, die lokale Diversität in ihrem Fernsehprogramm wiederzufinden.

Diana Nastasia/Charu Uppal
»Ich möchte so sein wie sie«
Mädchen auf der ganzen Welt kennen und mögen die Disney-Prinzessinnen. Diese qualitative Studie vergleicht, wie Mädchen aus 4 westlichen und nichtwestlichen Ländern Disneys neue »exotische«, »multikulturelle« Prinzessinnen wahrnehmen.

Rebecca C. Hains/Judi Puritz Cook
»Das mit Hannah Montana ist vorbei«
Wie nutzen Mädchen mit Migrationshintergrund die Medienkultur, um ihre weibliche Identität auszuhandeln? Diese Studie berücksichtigt, wie multikulturelle Mädchen der Mittelschicht sich mit der US-Medienkultur auseinandersetzen.

Peter Lemish
Wie Kulturen mit Konflikten umgehen
Konflikte entstehen auf allen Ebenen des sozialen Lebens, in allen Kulturen und werden auf verschiedene Weise bewältigt. Dieser Reichtum und die Authentizität im Management von Konflikten sollten ihren Platz in Fernsehsendungen aller Genres für Kinder wie für Erwachsene weltweit bekommen.

Sayed Ibadullah Rashdi u. a.
KinderarbeiterInnen und TV in Pakistan
In der pakistanischen Provinz Sindh wurden 300 KinderarbeiterInnen zu ihrer Fernsehnutzung befragt. Die meisten von ihnen gaben an, Satellitenfernsehen zu haben und an Arbeitstagen durchschnittlich 92 Minuten fernzusehen.

 

PROGRAMMFORSCHUNG

Andrea Holler/Julia Schmidt
»Wer steigt in die Rakete?«
Für diese IZI-Studie wurde ein Sprachtest mit Kindern, die Deutsch als Zweitspra­che lernen, und einer Gruppe herkunfts­sprachlich deutscher Kinder durchgeführt. Es wurde untersucht, wie mit der Vor­schulsendung JoNaLu Sprachkenntnisse gezielt gefördert werden.

Adelaida Trujillo/Katharina Albert
Genji

Shalom M. Fisch u. a.
Grenzen überwinden
Diese internationale Studie über das Multimediaprojekt Panwapa von Sesame Workshop wurde mit 4- bis 7-jährigen Kindern in den USA, China, Mexiko und Ägypten durchgeführt. Was lernen Kinder mit diesen Fernseh-, Print- und Onlinema­terialien über eine weltoffene Einstellung im Sinne eines »global citizenship«?

Elke Schlote/Matthias Schreiner
Teenager, sexuelle Diversität und Fernsehen
Auch die sexuelle Orientierung ist ein Aspekt menschlicher Diversität. Obgleich sexuelle Anziehung ein intimes Thema ist, sollte es doch im Fernsehen eine Rolle spielen. Wie Qualitätsprogramme des PRIX JEUNESSE INTERNATIONAL mit schwulen Protagonisten von Jugendlichen rezipiert werden, zeigt eine IZI-Studie.

Elke Schlote u. a.
Danny’s Parade

Maya Götz/Elke Schlote
Darstellung von Behinderung im Kinderfernsehen
Viele Kinder und Jugendliche weltweit leben mit einer Behinderung oder chro­nischen Krankheit – doch im Kinder­fernsehen weisen weniger als 1 % der fiktionalen Hauptfiguren eine Behinderung auf. Anhand von Programmbeispielen und Rezeptionseindrücken soll gezeigt werden, wie Qualitätfernsehen dieses Thema aufgreifen kann.

 

PROGRAMM

Anne Lassner
Die »Kinder der Welt« treffen

Interviews mit internationalen Fernsehverantwortlichen
Diversität ins Kinderfernsehen bringen

 

INFORMATION

Was ist Diversität/Diversity?

Ethnische Minderheiten und Migration

Behinderungen weltweit


Die Fachzeitschrift TELEVIZION kann kostenlos beim IZI bestellt werden.