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EDITORIAL
Kinderfernsehen
ist mehr, als "wenn Kinder fernsehen": Es ist auch
Teil einer öffentlichen Diskussion, es ist Politikum,
und es ist ein komplexer Markt. Von der Öffentlichkeit
gerne denunziert, ist Kinderprogramm heute fest im Medienmarkt
verankert. Es entsteht in einem komplexen Produktionssystem
(Hofmann/Schmid) mit Marktführerschaften und Gewinnern.
Kinder wachsen heute wie selbstverständlich in dieses
Marktgefüge hinein. Fernsehen und Internet haben für
sie vor allem eines: alltäglichen Gebrauchswert. Je nach
Erlebniswelten und sozialem Umfeld, suchen Kinder sich das
heraus, was sie für sich nutzen können. Dabei folgen
sie zunächst vorgegebenen Bahnen, um sich dann mit zunehmender
Eigenständigkeit ihr eigenes Menü zusammenzustellen
(Wagner). Eltern stehen dem Fernsehkonsum der Kinder unterschiedlich
gegenüber, von deutlich pädagogisierend bis eher
distanziert (Guth).
Der Markt hat sich auf diese Nutzung eingestellt. Es entstehen
Tendenzen wie die Entpädagogisierung des Angebots oder
eine zunehmende Orientierung an Jugend (Hengst). Im öffentlichen
Diskurs werden diese Zusammenhänge nicht immer angemessen
wahrgenommen, auch wenn simplifizierende Kulturkritik mittlerweile
nur noch die Ausnahme ist. Nichtsdestotrotz werden besonders
die öffentlich-rechtlichen Sender in die Verantwortung
genommen, neben dem Unterhaltungsbedürfnis der Kinder
auch Bildung und kulturelle Werte anzubieten (Nagl).
Kinderfernsehen steht zwischen dem Markt, der öffentlichen
Diskussion und dem Alltag von Kindern und Familien. Für
Kinderprogramme gilt es, in diesem Kräftefeld eigenes
Profil zu gewinnen.
Maya Götz
PROGRAMM
Frank Beckmann
Mit
Marktferne zum Markterfolg
Der Kinderkanal von ARD und ZDF setzt im Marktgefüge
auf Qualität und Vielfalt. Auf Sendungen, die zwar hohe
Quoten brächten, diesem Anspruch aber nicht genügen,
wird auch einmal verzichtet. Motto: Der Markt darf das Kinderfernsehen
nicht beherrschen. Programmbegleitende Maßnahmen hingegen,
die den Interessen der Kinder - und nicht denen der Anbieter
- entsprechen, sind willkommen.
Claude Schmit
Kindgerechte
Unterhaltung, die keine Diskussion scheuen muss
Das Ziel von Super RTL ist erfolgreiche Unterhaltung mit Niveau.
Die Marktorientierung soll dabei nicht zu Lasten der Kinder
gehen. Statt kurzfristiger Trends gilt es, sich mit innovativen
Sendungen nachhaltig zu positionieren. Der Sensibilität
des Themas wird dabei Rechnung getragen und die öffentliche
Diskussion gezielt gesucht.
Susanne Müller
In
Deutschland eigentlich kein Grund zum Jammern
Das ZDF-Kinderprogramm bietet Vielfalt, die fordern und Optionen
aufzeigen will. Die Leitlinie ist hierbei: "Zuerst die
Kinder" - eine Leitlinie, die auch von der öffentlichen
Diskussion wertgeschätzt wird. Der Markterfolg spielt
bei diesen Überlegungen nicht die Hauptrolle, auch wenn
es ohne die internationale Einbindung nicht geht. Dies bedeutet
aber nicht, sich der Stromlinienförmigkeit der Kinderprogrammindustrie
anschließen zu müssen.
FORSCHUNG
Katharina Kuchenbuch
Sind
wir nicht alle ein bisschen Marktführer?
Zur Marktsituation der Fernsehsender bei Kindern 2001
Die Marktführerschaft im Kinderfernsehen können
- je nach Zeitabschnitt und Bezugsgruppe - verschiedene Anbieter
für sich verbuchen. Super RTL liegt insgesamt gesehen
vorn. Wird nur der Samstagvormittag betrachtet, so kann das
ZDF bzw. an Werktagnachmittagen RTL2 diese Position für
sich in Anspruch nehmen.
Margret Albers
Kinderfilm
ohne (Markt-)Chancen?
Kinderfilme haben Marktchancen, und mehrere deutsche Produktionen
wurden zu "Besuchermillionären". Die Qualitätsförderung
muss jedoch unbedingt weiter vorangetrieben werden.
Ole Hofmann/Oliver Schmid
Wertschöpfungskette
Kinderfernsehen
Strukturen des deutschen Kinderfernsehmarkts
Kinderfernsehen entsteht in einem komplexen System, in dem
zahlreiche Firmen und Betriebe unternehmerisch tätig
sind. Anhand von Experteninterviews mit Verantwortlichen aus
allen Bereichen wird ein erster Überblick über die
Marktsituation der am Kinderfernsehen beteiligten Unternehmen
gegeben. Die Analyse folgt dabei dem Entstehungsprozess des
Kinderfernsehens entlang seiner Wertschöpfungskette.
Sylvia Nagl
Kinder-
und Jugendfernsehen in der Presse
Zwar werden nur noch halb so viele Zeitungsartikel zum Kinderfernsehen
veröffentlicht wie vor fünf Jahren, diese sind jedoch
länger und komplexer geworden. Die Informationssendungen
des öffentlich-rechtlichen Kinderprogramms werden als
vorbildlich diskutiert, während erfolgreiche Sendungen
der kommerziellen Anbieter, wenn, eher als Negativbeispiele
dienen.
Birgit Guth
In den
Alltag geschaut: "Kinderwelten 2002"
Die inneren Erlebniswelten der Kinder sind unterschiedlich
ausgeprägt - eher arrangierte Welten oder auch unabhängige
Fantasiewelten. Die Vielfältigkeit von Kindern und Eltern
zu berücksichtigen, ist wichtige Voraussetzung für
kindgerechte, aber auch wirtschaftlich erfolgreiche Angebote.
Ulrike Wagner
"Da
guck' ich dann unter www..."
Vom Fernsehen ins Internet - konvergente Medienangebote, konvergente
Nutzung?
Mit fernsehkonvergenten Internetangeboten versuchen Anbieter,
Kinder vermehrt zu binden. Kinder nutzen die Angebote, wobei
sie ab ca. 9 Jahren zunehmend ihre eigenen Wege zum Mehrwert
finden.
Maya Götz
Der Gebrauchswert
von Kindersendungen im Alltag
Kindern steht heute ein ausdifferenziertes Angebot an Fernsehprogrammen
zur Verfügung. Sie wählen sich das aus, was für
sie einen hohen Gebrauchswert hat. Dabei entsteht ein komplexes
Zusammenspiel von Fernsehmarkt und Alltag der Kinder. Aus
pädagogischer Sicht zeigen sich hier durchaus Chancen,
aber auch Problembereiche, die es wahrzunehmen gilt. Die Presseberichterstattung
nimmt diese jedoch nur zum Teil wahr.
Heinz Hengst
Zur
Verselbstständigung der kommerziellen Kinderkultur
Für ein angemessenes Verständnis muss Kinderkultur
in größeren Zusammenhängen des soziokulturellen
Wandels gesehen werden: Der Konsum von Kindern ist zum typischen
Teil der Ausbildung und Demonstration von Identität geworden.
Der Markt präsentiert sich hierfür zunehmend entkindlicht.
Kinderkultur wird "eher alt" und orientiert sich
an Normen und Konsumstilen von Jugendlichen. Die Absatzmärkte
für Kinder entpädagogisieren sich, gleichzeitig
werden andere Märkte ausgebaut, die vorwiegend auf Eltern
und den Ausbildungsmarkt zielen.
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