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Castingshows und ihre Bedeutung für Kinder und Jugendliche (2009)

Formate wie Germany´s Next Topmodel (GNTM)oder Deutschland sucht den Superstar (DSDS) dominieren seit Jahren die TV-Hitlisten der Kinder und Jugendlichen und erreichen Marktanteile bis zu 70 %. In dieser Studie ging das IZI der Frage nach, was Kinder und Jugendliche an Castingshows begeistert und was sie sich bewusst und vorbewusst daraus mitnehmen. Insgesamt nahmen 1.302 SchülerInnen zwischen neun und 22 Jahren an den quantitativen und qualitativen Befragungen teil.

Die Ergebnisse: Kinder und Jugendliche gehen sehr empathisch mit den KandidatInnen mit. Die jungen AkteurInnen bieten Anschlussmöglichkeiten, in denen sich Kinder und Jugendliche mit ihren eigenen Themen und Fantasien wiederfinden. Während bei GNTM die ästhetische Komponente, die Inszenierung der Fotoshootings und der Genuss, schöne Menschen in ihrer Selbstinszenierung zu sehen, im Vordergrund stehen, sind es bei DSDS auch das „Ablästern“ über die KandidatInnen und Dieter Bohlens Sprüche.
Castingshows sind „in“ und am nächsten Tag Gesprächsthema auf dem Schulhof. 75 % der regelmäßigen GNTM-SeherInnen und 82 % der DSDS-SeherInnen unterhalten sich am nächsten Tag auf dem Schulhof über die Sendung. Castingshows sind also mit Abstand die Nummer eins beim Pausengesprächsstoff. Auch wenn es gerade die älteren Jugendlichen ungern zugeben, aber DSDS und GNTM „muss“ man einfach gesehen haben, um am nächsten Tag mitreden zu können.
Aus den Castingshows nehmen sich Jugendliche aber auch Werte mit. Selbsterkannt benennen sie einen deutlichen Willen zur Anpassung an die Leistungsanforderungen, die von Heidi Klum und Dieter Bohlen gestellt werden. Die positiven Orientierungen wie „Das Beste für einen Traum geben und immer an sich selber glauben“ (Mädchen, 12 Jahre, Realschule) werden durch nicht unproblematische Erkenntnisse wie „Niemals gegen Dieter Bohlen sprechen“ (Mädchen, 13 Jahre, Gymnasium) begleitet. Aber es bleibt noch mehr hängen, ohne dass dies die Kinder oder Jugendlichen bemerken: Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Dieter Bohlen die persönlich verletzende Kritik, insbesondere unter Jungen, weiter kultiviert hat, denn unter den regelmäßigen DSDS-SeherInnen stimmen 70 % der Aussage „Ich sehe die Sendung, weil ich es gut finde, dass Dieter Bohlen harte Kritik übt, auch wenn er die Kandidaten dabei mal persönlich verletzt“ zu. Bei den 18- bis 19-jährigen Jungen steigt die Zustimmung sogar auf 83 %.

Bei regelmäßigen GNTM-SeherInnen zeigt sich eine signifikante Veränderung des Schönheitsideals. 1.166 repräsentativ ausgewählten Kindern und Jugendlichen wurden neun Bilder von Frauenkörpern vorgelegt. Sie wurden gefragt: „Hier auf diesem Blatt siehst du verschiedene Frauenkörper. Welcher ist denn deiner Meinung nach der schönste?“ Regelmäßige GNTM-SeherInnen entwickeln einen professionelleren Blick. Sie bevorzugen schlanke, austrainierte Körper; der „normale“ Körper eines jungen Mädchens wird hingegen seltener als schön empfunden.

Literatur:
Götz, Maya; Gather, Johanna: Wer bleibt drin, wer fliegt raus? Was Kinder und Jugendliche aus Deutschland sucht den Superstar und Germany's Next Topmodel mitnehmen. TelevIZIon, 23/2010/1, S. 52-59.
Götz, Maya; Gather, Johanna: Ich habe heute leider keine Foto für dich. Die Faszination Germany's Next Topmodel In: Götz, Maya (Hrsg.): Die Fernsehheld(inn)en der Mädchen und Jungen. Geschlechterspezifische Studien zum Kinderfernsehen. München: kopaed 2013, S. 473-528.