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Journalismus mit Jugendlichen für Jugendliche:

Ein Projekt des IZI in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung und der Medienforschung des Bayerischen Rundfunks / Intendanz

Jugendliche sehen/hören kaum Informationsprogramme des (öffentlich-rechtlichen) Rundfunks. Studien weisen nach, dass dies u.a. in den Präsentationsformen und der fehlenden Perspektive von Jugendlichen begründet liegt. Insofern muss es ein grundlegendes Anliegen für Sender sein, Jugendliche mehr an der Programmgestaltung zu beteiligen.

Interessierte PädagogInnen finden auf der Homepage www.jugendundfernsehen.de weitergehende Informationen und Unterrichtsmaterialien zum Projekt.

Journalistisches Handeln als Chance für politische Bildung
Ähnlich wie "Zeitung in der Schule" sucht dieses Projekt die Begegnung von Schülerinnen und Schülern mit professioneller Medienproduktion, um Medienkompetenz und politische Bildung zu fördern und eine Plattform für die Partizipation von Jugendlichen an der öffentlichen und politischen Diskussion zu bieten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem journalistischen Handeln, der Konzeption und der Zusammenarbeit der Jugendlichen mit professioneller Fernseh- und Radioproduktion. Anhand selbst gewählter Themen - von Schulerfahrungen, Jugendkultur bis zur konkreten Begegnung mit Politikerinnen und Politikern - wird ein journalistischer Beitrag entworfen, mit Profis diskutiert und umgesetzt.
In diesem Prozess wird, vom eigenen Anliegen ausgehend, das journalistisch Bedeutsame herausgearbeitet. In der konstruktiven Auseinandersetzung soll die Perspektive der Jugendlichen dominieren. Gleichzeitig erfahren sie im journalistischen Handeln die Notwendigkeit, Inhalte von verschiedenen Blickwinkeln aus zu betrachten und darzustellen. Neben Medienkompetenz wird hier gezielt politische Bildung durch Reflexion und Partizipation an der öffentlichen Diskussion gefördert. Es entsteht ein Transfer von Themen aus der Schule (z.B. Abschlussprüfung, Ganztagsschule, Integrationsklassen) in die Öffentlichkeit bzw. von Themen aus dem sonstigen Alltag (Liebe, Verhütung, Drogen etc.) in die Schule.
Durch die intensive Evaluation, in der unter anderem die "natürliche Kommunikation" während der Konzeption ausgewertet wird, ist ein hoher Erkenntnisgewinn darüber zu erwarten, was die Perspektive der Jugendlichen ausmacht. Für eine Ansprache und Politikvermittlung sowie Ansatzpunkte politischer Bildung sind dies wichtige Chancen.

Beschreibung des Projekts
In dem Projekt konzipieren Schülerinnen und Schüler von 10. Klassen (Gymnasium, Realschule, Hauptschulen M10) einen jugendrelevanten Beitrag für Fernseh- bzw. Radioprogramme des Bayerischen Rundfunks und setzen ihn in Zusammenarbeit mit Medienprofis um. In einer sechsstündigen Unterrichtseinheit lernen sie projektorientiert Grundlagen des Fernseh- bzw. Radiojournalismus an einem selbst gewählten Thema.
Der entworfene Beitrag wird in einer "Redaktionssitzung" mit einem/einer professionellen BR-Autor/Autorin diskutiert und mit einem Kamera- bzw. Aufnahmeteam umgesetzt.
Bei den Dreharbeiten sind die SchülerInnen - während einer außerschulischen Veranstaltung - als Akteure/Akteurinnen vor der Kamera oder in Assistenzrollen hinter Kamera und Mikrophon beteiligt. Der Beitrag wird im Rahmen der Jugendsendung "Blaateen" (BR Alpha) bzw. auf Bayern 3 ausgestrahlt. Zu dem Ergebnis beziehen die Jugendlichen in einer weiteren Schulstunde abermals kritisch Stellung.
In dem Pilotprojekt führen eine Journalistin und eine Medienpädagogin diese Einheit in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften durch.

Der konkrete Aufbau der Unterrichtseinheit - Grundeinheit:
In der ersten Unterrichtseinheit füllen die Schülerinnen und Schüler zunächst einen halbstandardisierten Fragebogen aus, der ihnen eine erste Reflexion ihres eigenen Medienkonsums bieten soll. Anhand einer frontal moderierten Diskussion erzählen die Jugendlichen von ihren eigenen Lieblingsserien. Mit Unterstützung von Overhead-Folien lernen sie - je nach Leistungsstand - etwas über Genrekonzepte und Sender mit besonderem Schwerpunkt auf Informationssendungen.
In der zweiten Unterrichtseinheit lernen sie anhand konkreter Beispiele (Video-/ Radioeinspielungen) verschiedene Darbietungsformen, stilistische Möglichkeiten kennen und diskutieren die Relevanz dieser Möglichkeiten für ihr eigenes Vorhaben.
In der dritten Unterrichtseinheit aus insgesamt drei Schulstunden konzipieren die Jugendlichen ihren eigenen Beitrag. Zunächst werden über ein frontal moderiertes Brainstorming Ideen gesammelt und später geordnet. In Gruppenarbeit werden Details der Darbietungsformen, Stile und notwendige Praxisfragen erarbeitet. Die Ideen werden im Plenum der Klasse anschließend vorgestellt. Für eine Redaktionssitzung besucht ein Profi vom BR die Klasse. Die Schülerinnen und Schüler tragen ihre Konzepte vor und diskutieren mit dem Profi die Umsetzung.
In einer außerschulischen Veranstaltung wird der Beitrag umgesetzt. Neben darstellerischen Tätigkeiten stehen u.a. Regieassistenz- und Kameraassistenzplätze in Zusammenarbeit mit den AutorInnen zur Verfügung. Zudem ist der Besuch der Studios des BR (München-Freimann, Nürnberg, Würzburg) für die Anmoderation des Beitrags möglich. Die Organisation der Praxisplätze übernehmen die MitarbeiterInnen des IZI. Ist der Beitrag sendereif bzw. ausgestrahlt, diskutieren die Jugendlichen nochmals über das eigene Endergebnis sowie ein Produkt einer anderen Klasse.

Bausteinsystem für den Unterricht
Zur Verfügung steht ein Bausteinsystem, das Variationen in der inhaltlichen Dichte und der Sozialform zulässt - je nach Leistungsstärke der Klassen. Über die sechs Stunden hinaus ist eine Erweiterung des Stundenumfangs oder der Projekttage bzw. -wochen möglich und wünschenswert. Ziel ist es, innerhalb des Projekts verschiedenste Formen der Umsetzung auszuprobieren und detailliert zu dokumentieren. Für spätere Unterrichtsplanungen sollen so den Lehrerinnen und Lehrern verschiedenste Möglichkeiten und die Praxiserfahrungen mit dieser Umsetzungsform zur Verfügung stehen.
Das Pilotprojekt ist auf Bayern und die Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk begrenzt. Die Ergebnisse und der zu erwartende praktikable Weg sollen dabei für Schulen im gesamten Bundesgebiet umsetzbar sein. Über Ergebnispräsentationen und bestehende Netzwerke soll der Weg zu einer längerfristigen Zusammenarbeit organisiert werden. Ansatzpunkte sind dabei zunächst öffentlich-rechtliche Anstalten, eine Erweiterung auf kommerzielle Anbieter ist jedoch ebenfalls anzustreben.

Evaluation des Projekts
Entsprechend dem Projektansatz ist die begleitende Studie überwiegend qualitativ angelegt, wobei sie auch quantitative Verfahren einbezieht. Das Datenmaterial - Videobeobachtung (während der Rezeption der konkreten Sendung), Teilnehmende Beobachtung, Gruppendiskussionen - wird (qualitativ) inhaltsanalytisch ausgewertet.
Zur Unterstützung der Auswertung wird das Computerprogramm MaxQDA eingesetzt. Der teilstandardisierte Fragebogen wird quantifizierend ausgewertet. Stichprobe des Pilotprojekts: Raum München, Nürnberg, Würzburg, jeweils städtischer und ländlicher Raum. N = ca. 500 Jugendliche.

Ergebnisse des Projekts
Ziel ist eine klassische "Win-win-Situation":

  • Die Schülerinnen und Schüler bringen ihre Perspektive und ihr Anliegen in die öffentliche Diskussion ein. Im projektorientierten Arbeiten werden Medienkompetenz durch Medienkritik und eigenes Gestalten eines Beitrags gefördert sowie politisches Handeln am Beispiel Journalismus und journalistisches Handeln erfahren.
  • Die konkret mitwirkenden AutorInnen der Sendungen lernen von Jugendlichen und ihrer Perspektive auf die Themen. Aus den Evaluationen wird Fortbildungsmaterial erstellt, das weiteren Redaktionen die Perspektive von Jugendlichen nahe bringen und zur Zusammenarbeit mit ihnen anregen soll.
  • Die Schulen ergänzen ihren Unterricht durch eine detailliert vorbereitete und bewährte pädagogische Einheit, die jeweils inhaltlich und didaktisch auf die Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler anpassbar ist.
  • Das Pilotprojekt wird wissenschaftlich intensiv begleitet und detailliert evaluiert. In der Triangulation quantitativer und qualitativer Verfahren werden Erkenntnisse über die Jugendlichen, ihre inhaltliche Perspektive, ihre Ästhetik usw. gewonnen.

Neben der Förderung von Medienkompetenz und politischer Bildung bei den teilnehmenden ca. 500 SchülerInnen und den 19 Beiträgen, die von Jugendlichen mitgestaltet wurden, entstehen aus dem Projekt:

  • Buchveröffentlichung zu den Ergebnissen der Studie. (IZI-Reihe "Edition TELEVIZION")

  • Pädagogisches Begleitmaterial für LehrerInnen/PädagogInnen zur Durchführung von weiteren medienpädagogischen Einheiten zum Thema Journalismus und Politik in den Medien

  • Informationshomepage für LehrerInnen/PädagogInnen www.jugendundfernsehen.de, die als IZI-unabhängige Informationsmöglichkeit Unterrichtsmaterialien, Fortbildungsbausteine für LehrerInnen zum Thema Medienvorlieben von Jugendlichen sowie hilfreiche Links anbietet.

  • Fortbildungsbausteine für Redaktionen zur Perspektive der Jugendlichen und den Möglichkeiten, diese in die journalistische Arbeit einzubeziehen. Videofilme, die aus dem Projekt entstehen, sollen in Kombination mit Textbausteinen den Redaktionen einen besserer Zugang zur Perspektive der Jugendlichen ermöglichen.