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Internationale Studie "Angst und Thrill vor dem Fernseher - Retrospektiver Blick auf Fernseherlebnisse in der Kindheit" (2013/2014)
In Kooperation mit dem IZI befragte PRIX JEUNESSE zwischen April 2013 und Januar 2014 631 StudentInnen per Fragebogen zu ihren Angst-Erlebnissen beim Fernsehen in der Kindheit sowie zu Erlebnissen, bei denen Sie Thrill, also Spannungslust, empfanden. Die StudienteilnehmerInnen aus den USA, Deutschland, Kanada, Neuseeland, Australien, Israel, Hongkong und der Türkei zeichneten zu den jeweiligen Erlebnissen ein Bild, erklärten, was genau die Angst bzw. den Thrill ausgelöst hat und beschrieben ihr Erleben während und nach der Rezeption.
Die Studie brachte folgende Ergebnisse:
Internationaler Vergleich: Fast alle Befragten konnten sich an ein ängstigendes Fernseherlebnis in ihrer Kindheit erinnern. Was Kinder jedoch in welchem Alter zu Gesicht bekommen, ist länderspezifisch sehr unterschiedlich. In Honkong, der Türkei und den USA beispielsweise gehen über die Hälfte der ängstigenden Fernseherlebnisse auf Horrorfilme zurück, was deutlich mehr Horror-Erlebnisse ergibt als in anderen Ländern. Das ist insofern entscheidend, da die beschriebenen Angsterlebnisse sich stark in der Intensität der Empfindung während des Sehens sowie in den Gefühlen, die über die Rezeption hinausgehen, unterscheiden. Diese reichen von ‚Die Angst war nach der Rezeption vorbei‘ bis hin zur jahrelangen Konfrontation mit dem Gesehenen. Dabei hinterlassen nicht altersgerechte Programme stärkere Eindrücke als kindgerechte Sendungen. Entsprechend kann eine kontrollierte Programmauswahl tiefgreifende Angsterlebnisse von Kindern beim Fernsehen vermindern.
Angstauslöser: Angst entsteht, wenn Kinder sehen, wer oder was verletzen kann, wenn Kinder sehen, dass jemand verletzt ist oder verletzt wird und wenn Situationen suggerieren, dass jemand besonders angreifbar und schutzlos wirkt. Konkret waren es bedrohliche Wesen, die Kindern besonders häufig Angst beim Fernsehen machen. Diese erscheinen durch ihr Handeln und/oder ihr Aussehen als gefährlich, teils auch durch übernatürliche Fähigkeiten, die ihnen besondere Macht verleihen. Weitere Angstauslöser sind Situationen, bei denen Charaktere einer Bedrohung ausgesetzt sind, sowie reale Gefahren, Bilder von Verletzungen und Situationen, die verunsichern, d. h. Szenen, die eigentlich keine konkrete Bedrohung enthalten und dennoch z. B. durch bestimmte Settings und/oder Geräusche Unwohlsein erzeugen.
Thrill statt Angst: Beim Vergleich der Angsterlebnisse mit den Momenten positiv erlebter Spannung zeigte sich, dass für Kinder ein Lustgefühl bei spannenden Szenen entscheidend mit der Hoffnung verknüpft ist, dass die Filmhandlung einen guten Ausgang nimmt. Dieses Vertrauen auf den guten Ausgang – als Basis für kindliches Thrill-Erleben – kann durch bestimmte Elemente innerhalb der Programmgestaltung unterstützt werden. Dazu gehören ein verlässlicher Rahmen mit souveränen HeldenInnen. Bei seriellen Programmen basiert die Hoffnung auf den guten Ausgang auf der steten Verlässlichkeit des Formats, dass die HeldenInnen (die Guten) sich am Ende immer durchsetzen. Darüber hinaus sind für Kinder souveräne HeldenInnen, denen sie zutrauen auch brenzlige Situationen zu meistern, wichtige Hoffnungsträger.
Angstmomenten angenehme Gefühle, z. B. indem lustige Elemente beigemischt werden, kann ebenfalls Thrill fördern, weil Entspannungsmomente als Kontrast zur Anspannung ermöglicht werden. Thrill wurde außerdem in erster Linie bei der Rezeption von Zeichentrickformaten empfunden. In diesem Fall wird durch das Genre Distanz hergestellt, denn eine gezeichnete Welt und entsprechende Charaktere betonen den fiktionalen Charakter des Geschehens eher als Live-Action-Formate, die einen stärkeren Realitätsbezug suggerieren.
Des Weiteren zeigte sich, dass für Kinder Thrill eher bei gemilderten Darstellungen spürbar wird. Es reichen oftmals harmlose Situationen, in denen Kinder mitfiebern und angenehme Spannung empfinden, die nicht in Angst umschlägt. Denn sobald Kinder nachvollziehen können, was für die Figuren, mit denen sie mitfühlen, wichtig ist, entsteht die Spannung aus der Hoffnung, dass die Figur ihre Interessen erreicht, unabhängig davon was konkret auf dem Spiel steht
Literatur:
Unterstell, Sabrina; Müller, Amelie: „Ich hatte monatelang Angst, nachts aus meinem Bett zu steigen". Angst beim Fernsehen - der retrospektive Blick auf Erlebnisse in der Kindheit. TelevIZIon, 27/2014/2, S. 7-11.
Unterstell, Sabrina; Müller, Amelie: „Es war so schaurig schön!". StudentInnen über vergangene Erlebnisse von Spannungslust beim Fernsehen. TelevIZIon, 27/2014/2, S. 37-39.
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